Prinzipien und Methoden der TCM

Aus Sicht der altchinesischen Heilkunde ist Krankheit der Ausdruck einer länger anhaltenden energetischen Disbalance im Körper. Wenn das Verhältnis zwischen den polaren Grundkräften Yin (kühlende, nach innen gerichtete, sinkende, ruhende Energie) und Yang (wärmende, nach aussen gerichtete, steigende, bewegende Energie) z.B. bereits konstitutionell und zudem durch ungesunde Lebensweise (Schlafmangel, Überarbeitung, Suchtverhalten, sexuelle Verausgabung) sowie durch einseitige Ernährungsgewohnheiten gestört ist, etwa zuviel Rohkost und Milchprodukte im Winter oder zuviel gegrilltes, scharf gewürztes Fleisch und Alkoholika im Sommer, dann kann es leicht durch Krankheitserreger oder extreme Witterungsverhältnisse völlig aus dem Gleichgewicht geraten. Ebenso können Bewegungsmangel, Haltungs- und Atemfehler, aber auch  seelische Belastungen und unkontrollierte oder unverarbeitete Emotionen zu chronischen Verspannungen der Muskulatur führen, die den Energiefluss blockieren, Disharmonien im Körper entstehen lassen und damit das Nervensystem, die Organe und Gewebe schädigen.

Solche Disharmonien sind etwa Fülle, d.h. energetisches Übergewicht, erkennbar an heftigen, plötzlich auftretenden Symptomen wie z.B. starken Schmerzen, rascher Erregbarkeit und Unruhe sowie geräuschvollem Sprechen und Auftreten,  gegenüber Leere, d.h. energetischer Schwäche, die sich in einer schleichenden Symptomatik, etwa in chronischen Schmerzen, Antriebsschwäche, Müdigkeit und in zaghaftem Auftreten zeigt. Speziell Yin-Mangel führt ausserdem zu Symptomen von Hitze (Fieber, Schwitzen, roter Kopf), Yang-Mangel hingegen zu solchen von Kälte (kalte Gliedmassen, Frösteln, Blässe). Der chinesische Arzt bezieht neben Anzeichen wie diesen noch Befunde einer hochdifferenzierten Puls- und Zungendiagnostik ein, die auch Auskunft über den Zustand einzelner Organe gibt.  

Umgekehrt bedeutet Gesundheit, dass die Lebensenergie, das Qi (ausgesprochen: tschi), in den Meridianen (Energieleitbahnen) frei zirkulieren kann und sich Yin und Yang somit in fliessendem Gleichgewicht befinden. Um diesen harmonischen Zustand zu erhalten oder wiederzuerlangen, bietet die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) verschiedene Behandlungsmethoden an: Diätetik, Kräuterheilkunde, Atem- und Bewegungstherapie (Qi Gong, auch Taiji Quan), Akupunktur und schliesslich Tui Na, die chinesische Heilmassage, wozu auch die Akupressur gehört.

In der Ernährungslehre und Pflanzenheilkunde werden die energetischen Qualitäten der Nahrungs- wie auch der Arzneimittel (wärmend – kühlend, trocknend – befeuchtend, anregend – beruhigend) und zugleich deren unterschiedliche Geschmacksrichtungen, die spezifisch auf die einzelnen inneren Organe wirken, zum Ausgleichen von Yin und Yang im Körper eingesetzt.

Im heilgymnastischen Qi Gong geschieht die Aktivierung der Lebensenergie durch Bewegungsimpulse und vertiefte Atmung (im Stillen Qi Gong auch durch Konzentration auf bestimmte Energiezentren oder Leitbahnen) und in der Meridiantherapie (Akupunktur, Tui Na) durch taktile Reize: Während bei einer Akupunkturbehandlung die Energiepunkte auf den Meridianen mit feinen Nadeln stimuliert werden, um das blockierte Qi in Fluss zu bringen, wird dies bei der Akupressur, der „kleinen Schwester“ der Akupunktur, mittels Fingerdruck und leichten, kreisenden Bewegungen bewirkt.

Auf den zwölf beidseitig verlaufenden, den wichtigsten inneren Organen zugeordneten Hauptmeridianen und den beiden Sondermeridianen entlang der hinteren und vorderen Mittellinie des Körpers befinden sich gesamthaft 361 klassische Punkte. Über die Jahrtausende ist ein reiches Erfahrungswissen angesammelt worden, welche davon bei welchen Krankheiten massiert oder genadelt, allenfalls auch mittels Moxibustion (dem gezielten Einsatz kleiner Glutkegel aus getrocknetem Beifuss-Kraut knapp über der Haut) gewärmt werden sollten.

Akupressur ebenso wie Qi Gong eignet sich hervorragend für die Selbstbehandlung – einerseits  zur Gesunderhaltung und Abwehrstärkung, andererseits bei Alltagsbeschwerden oder zur Unterstützung des Heilungsprozesses neben einer ärztlichen oder naturärztlichen Therapie.